WENN WELTEN AUFEINANDERTREFFEN

Authorin:

KAREN EN HAYES, DVM, MS
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(Übersetzung: Bert Schöneich)
bert.schoeneich@ifh.de


Denken sie an ihr Pferd wie an ein Mitglied ihrer Familie, eine Art von übergroßem, vierfüßigem Kind? Sie sind nicht allein. Pferde wecken den Pfleger in vielen von uns. Wir drücken sie. Baden und bürsten sie. Geben ihnen Leckerlis. Schließen sie in unsere Familienfotos ein. Wir bauen behagliche Ställe für sie, überlegen uns die Farbgestaltung ihrer Sachen und hüllen sie sogar ein, wenn es kalt ist. Kurz, wir glauben, daß unsere Pferde die gleichen Dinge wünschen und brauchen wie wir, und daß als Antwort auf unsere Hingabe sie uns lieben, uns vertrauen und uns niemals schaden werden.

In Wirklichkeit übertrifft das Gewicht ihres Pferdekameraden das ihre um mehr als 500 kg und er kann sie mit einem einfachen, gut plazierten Tritt töten. Wenn sie sich um ihr Pferd kümmern, als sei es eine übergroße Fortsetzung von ihnen, verlieren sie die Sicht auf die Gefahr und die fundamentale Tatsache: Es ist ein Pferd. Das bedeutet, daß es programmiert ist, sich wie ein Pferd zu benehmen und zu reagieren, nicht wie ein Mensch. Wenn sie diesen simplen Fakt vergessen, könnten sie sich auf der Verliererseite eines Krieges zwischen zwei Welten wiederfinden. Das ist die einzige, aber bedeutendste Quelle von Konflikten und von Enttäuschungen im Training.

Um ihrem Verständnis zu helfen, werde ich fünf grundlegende Unterschiede zwischen ihrer Welt und der ihres Pferdes erläutern. Ich werde die soziale Hierarchie, das Sehvermögen, die Behausung, die Reaktion auf Gefahr und das Verhalten bei der Nahrungsaufnahme behandeln. Punkt für Punkt werde ich ihnen sagen, wie das Verhalten ihres Pferd genetisch programmiert ist, wie sie sich verhalten, die Möglichkeiten für einen Konflikt und wie mit diesem Konflikt umzugehen ist. Mit dem Verständnis für das 'Funktionieren' ihres Pferdes werden sie besser in der Lage sein, Pferde-Reaktionen vorherzusehen (und zu vermeiden), die sie dem Risiko eines physischen oder psychischen Konfliktes aussetzen könnten.
Unterschied 1
Die soziale Position

Die Welt ihres Pferdes: Es ist ein Herdentier, Hierarchien in der Herde sind wichtig zum Überleben. In einer Pferdegesellschaft bestimmt die Stellung in der Herde, was ein Pferd frißt und wann. Dominante Pferde bekommen von allem das Erste, vom ersten Schluck Wasser bis zum besten Ruhefleck. Ein untergeordnetes Pferd kann den Bereich eines dominanten Pferdes nur betreten, wenn es aufgefordert wurde, das Eindringen fordert sonst zu einem aggressiven Gegenstoß heraus. Weil es dem Pferd nützt, die Hierarchieleiter emporzuklettern, testen viele ihre übergeordneten Herdenmitglieder im Bemühen, deren Position einzunehmen.

Der gleiche kraftvolle Instinkt steuert ihr domestiziertes Pferd. Wenn Dominanz und Unterordnung noch nicht geklärt sind, wird ein Tritt, Biß oder Angriff die Sache schnell entscheiden. Wenn die Position erst einmal festgelegt ist, wird ein Blick, angelegte Ohren, das Schwingen des Kopfes oder die Androhung eines Trittes üblicherweise zukünftige Versuche beenden, in den Bereich einzudringen.

Ihre Welt: Wahrscheinlich ist das einzige andere vierfüßige Tier, zu dem sie eine Beziehung wie zu einem Kameraden haben, ihr Hund. Aber Fido ist ein Meutentier, seinem Alpha- oder Leithund untergeordnet. In seinen Augen sind sie dieser Hund, wenn er mit seinem Schwanz wedelt und sie mit der Nase stubst, signalisiert er Zuneigung und Unterordnung. Wenn ihr Pferd mit dem Maul nach ihnen schnappt, sie stubst, mögen sie das gleiche warme und kribbelnde Gefühl empfinden, wie bei ihrem Hund. Das ist der Punkt, an dem sie beginnen, sich falsch in der Beziehung zu ihrem Pferd zu verhalten.

Möglichkeit eines Konfliktes: Ein Stubs von ihrem Hund ist ein Zeichen der Unterordnung, von ihrem Pferd ist er ein Einbruch in ihren Bereich und bedeutet, daß es nicht der Meinung ist, daß sie das Chefpferd sind. Genau wie sie ihr Pferd als einen Menschen in Fellkleidung ansehen können, sieht es sie als ein gleichartiges Herdenmitglied an, in seiner Sichtweise sind sie ihm entweder über- oder untergeordnet. Wenn es sie nicht als das dominante Mitglied in ihrer zweiköpfigen Herde ansieht, betrachtet es sie als untergeordnet mit allen möglichen gefährlichen Folgen. Das sind Beißen, Treten, und/oder Angreifen, Stoßen und/oder Scheuern mit dem Kopf, auf sie auf- oder an ihnen vorbeilaufen, wenn sie es führen, Aggressionen gegen sie zeigen (angelegte Ohren, wedelnder Schweif, und/oder drohen zu treten) beim Füttern, Pflegen oder Satteln und genereller Widerstand gegen jede ihre Forderungen.

Vermeidung des Konfliktes: Es betrachtet sie als ein Pferd - tun sie das gleiche mit ihm. Wenn es ihren Bereich verletzt, stoßen sie ihm sofort den eindringenden Körperteil weg. (Achtung: Die Aufmerksamkeit ihres Pferdes hält solange an, daß sie nach der Zeit des Verbrechens ein 3-Sekunden Fenster haben, in dem sie eine Strafe verhängen können. Danach wird jedes Bemühen um Strafe das Pferd nur durcheinander bringen.) Lassen sie die Strafe dem Angriff entsprechen: Wenn ihr Pferd eine kleine Attacke versucht, wie z.B. ein Stubs mit dem Kopf, nutzen sie einen festen Klatsch auf eine Seite des Halses, wenn es eine starke Attacke ist, wie ein Stoß mit dem Körper, kombinieren sie eine kräftigen Schlag (wenn sie eine Peitsche haben, nutzen sie diese) mit einem lauten, wilden Schrei, eben wie ein Pferd treten und schreien würde. Das ist nicht grausam, das ist Körpersprache, die Pferde untereinander sprechen und verstehen.

Wenn ihr Pferd zur Fütterungszeit durch angelegte Ohren Aggressionen gegen sie zeigt, füttern sie es nicht. Sie würden nur sein schlechtes Benehmen belohnen. Stattdessen warten sie, bis es sie mit aufgestellten Ohren begrüßt und füttern es dann, sein erwünschtes Verhalten belohnend.
Unterschied 2
Das Sehvermögen

Die Welt ihres Pferdes: Es hat meistens eine einäugige Sehweise, das heißt, es hat ein Auge auf jeder Seite seines Kopfes. Jedes Auge arbeitet unabhängig und sendet Bilder zu verschiedenen Seite des Gehirns, wenn es ständig nach lauernden Raubtieren sucht. Als Resultat ist die periphere Sicht ihres Pferdes exzellent. Nur wenn es beide Augen auf ein Objekt vor ihm richtet, fokussieren diese zu einer zweiäugigen Sehweise und senden ihm ein Bild ins Gehirn. Sein Entfernungssehen ist ebenfalls exzellent, es ist ein Tier, entworfen, den Horizont der offenen Prärie zu überwachen. Große, nahe Objekte erscheinen ihm verschwommen, es ist zu langsam, sie zu fokussieren und muß seinen Kopf bewegen, um das zu tun - das führt dazu, daß sich das Objekt zu bewegen scheint. Ein Pferd hat übergroße Netzhäute, die das Objekt so vergrößern, daß es um 50 Prozent gewaltiger erscheint, als es ist, auch machen die Netzhäute eines Pferdes aus kleinen Bewegungen g-r-o-ß-e. Diese Tatsachen der Sehweise, gekoppelt mit seiner Unfähigkeit, sofort zu fokussieren, schützt ihr Pferd davor, logische Entscheidungen zu treffen. Stattdessen gibt sie ihm ein zentrales Mittel zum Überleben, das Sehen sendet einen schrillen Alarm vor einem Raubtier, der das Pferd veranlaßt, sofort und instinktiv zu reagieren - ohne Denkpause - so kann es einige Distanz zwischen sich und der Bedrohung bringen. (Wir werden uns in Kürze mehr mit dem Wie und Warum seiner Reaktionen befassen.)

Ihre Welt: Ihre Sehweise ist zweiäugig. Sie haben (oder hatten, wenn sie die 40 überschritten haben) eine scharfe Nahsicht, verbunden mit einem guten räumlichen Wahrnehmungsvermögen und die Fähigkeit, sofort zu fokussieren. Ihre Sicht im Randbereich ist jedoch begrenzt.

Möglichkeit eines Konfliktes: Ihre schnell fokussierende Sehweise - verbunden mit ihrer Fähigkeit logisch zu denken, versetzt sie in die Lage, ein harmloses Objekt beinahe sofort als solches zu erkennen. Die Sehweise ihres Pferdes kann das gleiche Objekt als Lebensgefahr erscheinen lassen. (Das ist der Grund, weshalb eine wedelnde Plastikplane sie an Abfall und es an einen Löwen denken läßt.) Ferner erlaubt ihm sein überlegenes Sehvermögen im Randbereich, ein pferde-fressendes Monster noch vor ihnen zu entdecken.

Es ist programmiert, beim ersten Anschein einer Gefahr zu erschrecken und zu fliehen. Aus sicherer Entfernung kann es sein exzellentes Sehvermögen im Fernbereich nutzen, um das schreckliche Ding zu untersuchen. Wenn sie nicht auf der Hut sind, können sie verletzt werden. Nicht zuletzt erschrecken sie möglicherweise durch sein Verhalten und, wenn sie sich wieder beruhigt haben, bleibt ein Rest Verunsicherung.

Vermeidung des Konfliktes: Bleiben sie aufmerksam, wenn sie am Pferd arbeiten. Verwenden sie Schnellverschlüsse, immer wenn sie es anbinden oder festhalten, so daß sie das Risiko, sich beide zu verletzen, klein halten können, wenn es Etwas sieht, das einen Schreck- oder Panikreflex hervorruft.

Bleiben sie immer außerhalb seines Fluchtweges, um zu vermeiden, zufällig überrannt zu werden. Wenn sie an den Beinen ihres Pferdes arbeiten, hocken - niemals knien - sie neben ihm, so können sie den schadensträchtigen Bereich schnell verlassen, sollte es erschrecken oder ausreißen. Konzentrieren sie sich beim Reiten auf die Umgebung, während sie die Aufmerksamkeit ihres Pferdes auf sich richten. Je mehr es auf sie achtet, desto weniger kann es schreckliche Dinge erblicken.
Unterschied 3
Die Behausung

Die Welt ihres Pferdes: Es ist für ein Leben in weiten, offenen Räumen entwickelt und fühlt sich am Sichersten mit einem freien Blick auf den Horizont, jede Gefahr gut überschauend, dabei sein scharfes Sehvermögen im Fernbereich nutzend. So eine Lebensweise ermöglicht ihm der Gefahr zu fliehen, ohne das Hindernisse seinen Fluchtweg versperren. Entworfen als ein nomadisierendes Weidentier, ist ihr Pferd seiner Natur nach nicht territorial orientiert, solange es den Platz hat, zu weiden und zu fressen. Wenn jedoch sein Raum begrenzt ist (z.B. weil er eingezäunt ist), wird es seinen Bereich schützen.

Ihre Welt: Sie sind ein Hausbewohner, vier Wände und ein Dach bedeuten K-o-m-f-o-r-t und Sicherheit. Sie sind auch territorial orientiert, sie begrenzen ihren Besitz mit Zäunen und natürlichen Hindernissen nicht nur, um die Grenzen des Eigentums festzulegen, sondern auch, weil physische Barrieren als Schutz gegen externe Bedrohungen angesehen werden. (Daher die Popularität von Gemeinschaften mit bewachten Zugängen.)

Möglichkeit eines Konfliktes: Sie haben die natürliche Tendenz, ihr Pferd in menschenähnlichen Behausungen unterzubringen. Ställe, Zäune, Stallgassen - die gleichen Strukturen, die ihnen helfen, ihren Besitz festzulegen und zu schützen - arbeiten gegen die Natur ihres Pferdes und seine visuellen Möglichkeiten. Schmale, eingezäunte Räume begrenzen seinen Sehbereich, erzwingen eine einzelgängerische Existenz eines Tieres, das entworfen wurde, in einer Herde zu leben, und streichen seinen wichtigsten Überlebensmechanismus: die Flucht. Sie verstehen nicht, warum es sich so schreckhaft verhält, es lebt unter Bedingungen, die das vollständige Gegenteil seines genetischen Entwurfes sind. Im Bemühen, Bedrohungen zu entkommen, kann es über sie, durch Zäune oder in den Traktor rennen, den sie in der Stallgasse geparkt haben.

Ständiges Eingrenzen kann schließlich zu solchem Fehlverhalten führen, wie Stehlen, Wandern in der Box und Ausweichen - als Resultat der genetischen Orientierung ihres Pferd, frei zu laufen und zu grasen.

Vermeidung des Konfliktes: Halten sie die ständige Unordnung im Stall so klein wie möglich, um die Gefahr zu verringern, daß ihr Pferd in Panik gerät und sich selbst verletzt. Entwerfen (oder überarbeiten) sie seinen Lebensbereich so, wie es seinen Bedürfnissen und Neigungen entspricht: Wenn sie ihr Pferd in eine Box stellen, bauen sie diese so groß wie möglich (4,30m im Quadrat oder größer ist ideal) und mit Auslauf, so daß es sich bewegen kann und die Möglichkeit hat, den Horizont zu überwachen.

Installieren sie durchsichtige oder durchbrochene Trennwände zwischen den Boxen, so daß es die Mitglieder seiner Herde sehen kann (Kleine, total geschlossene Boxen werden ihr Pferd unter Streß setzen und die Herausbildung von Fehlverhalten fördern.). Machen sie Auslauf zur täglichen Routine. Wenn sie können, lassen sie es mit einem Pferdefreund nach draußen, so daß es in Gemeinschaft leben kann. Stellen sie viel Heu während des Tages bereit, so daß es grasen kann. Wenn möglich, lassen sie es die ganze Zeit auf die Weide, am besten in Gemeinschaft mit anderen Pferden. Installieren sie eine pferdesichere Umzäunung aus High-Tech-Zäunen, die so entwickelt wurden, daß sie sich bei einem Aufprall verbiegen. Elektrifizieren sie alle Zäune. Wenn sie das tun, reduzieren sie den Drang ihres Pferdes, die Hindernisse zu mißachten und reduzieren dadurch sein Risiko, sich zu verletzen.
Unterschied 4
Die Reaktion auf Gefahr

Die Welt ihres Pferdes: Die Basis seiner genetischen Programmierung ist, das Überleben bedeutet, erfolgreich vor einen Raubtier zu fliehen, das es fressen will. In der Beutetiersprache ist die Antwort ihres Pferdes die Flucht. Wenn möglich, wird es vor einer erkannten Gefahr hoch- und wegspringen, bis zu einem Punkt galoppieren, der ihm als sichere Distanz erscheint, sich dann drehen und sein Entfernungssehen nutzen, die Situation zu überprüfen. Das hoch-und-weg Verhalten, das sie so fürchten, ist die ursprüngliche Pferdeantwort auf Gefahr. Sie können lernen, weiter zu reiten, unmittelbar danach die Kontrolle wieder zu erlangen und ihr Pferd im Bezug auf normale Reize zu desensibilisieren, aber sie können diese Reaktion niemals vollständig beseitigen.

Ihre Welt: Weit eher, als sofort vor einer Bedrohung wegzulaufen, werden sie sich ihr zuwenden und ihre Sehweise und Logik nutzen, sie zu überprüfen, um anschließend zu entscheiden, ob sie fliehen oder sich behaupten werden.

Möglichkeit eines Konfliktes: Sie wenden sich einem plötzlichen Geräusch oder einer Bewegung zu; ihr Pferd springt davon weg. Sie können Zeichen und Geräusche deutlich bemerken, überprüfen und logisch darauf reagieren. Ihr Pferd kann das nicht. Als Resultat dessen könnten sie durch das plötzliche Hochschrecken abgeworfen werden (und wissen überhaupt nicht, was ihr Pferd erschrecken ließ!) und sich in einer unangenehmen Pferde-Mensch Kollision wiederfinden.

Und, wenn ihr Pferd in dem Moment, in dem seine Fluchtreaktion ausgelöst wurde, angebunden oder anderweitig eingeschränkt ist (z.B. in einer Box oder einem Pferdeanhänger), wird es auf eine von zwei möglichen Arten reagieren: Es wird Zuflucht zu einem Kampfverhalten nehmen, gegen das Objekt seiner Furcht mit Vorder- oder Hinterhuf wild um sich schlagen, oder im Bemühen, der Bedrohung zu entfliehen, blind gegen Alles kämpfen, das es eingrenzt oder beengt. Achtung: Wenn dieser starke Kampf- oder Fluchtinstinkt die Oberhand gewinnt, ist ihr Pferd blind gegen Jeden oder Alles in seiner Nähe, einschließlich selbstzugefügter Schmerzen. Wenn sie ihm im Weg stehen, verletzt es auch sie. Deshalb wird ein panisches Pferd seine Hufe abreißen beim Versuch, dem Gewirr eines Drahtzaunes zu entkommen, rückwärts über Barrieren springen oder versuchen, die Freiheit durch das winzige Fenster an der Front ihres Pferdeanhängers zu erreichen, und, das reicht, sie kennen die Bilder.

Vermeidung des Konfliktes: Achten sie darauf, sich außerhalb des Fluchtweges ihres Pferdes aufzuhalten (direkt vor ihm), außerhalb des Stoßbereiches (etwa 1,5m vor jedem Vorderfuß) und außerhalb seines Trittbereiches (etwa 2,5m hinter und neben den Hinterteil ihres Pferdes, entweder sie stehen richtig neben seinem Hinterteil oder mehr als 2,5m entfernt).

Vermeiden sie es, in die "Ich vertraue meinem Pferd"-Falle zu geraten. Es gibt einen Spruch, der geht: "Es sind die guten Pferde, die dich verletzen werden." Der Grund ist, daß wir bei Pferden, denen wir vertrauen und die wir schätzen, in unserer Aufmerksamkeit nachlassen - wir vergessen, es sind Pferde. Alles was es braucht, ist ein solcher Irrtum über Flicka, um einige ernsthafte Verletzungen zu erleiden.

Wenn sie sich irgendeinem Pferd von hinten nähern, vergessen sie nicht, ihre Gegenwart anzukündigen, bevor sie den Trittbereich betreten. Ein dösendes Pferd kann durch eine plötzliche Bewegung oder Geräusch beginnen aufzuwecken - und erinnern sie sich, seine Sicht im Nahbereich ist schlecht. Seine Antwort könnte sein, erst zu treten (um sich zu verteidigen) und später die Bedrohung zu überprüfen. Praktizieren sie es, die Aufmerksamkeit ihres Pferdes auf sich zu richten, immer, wenn sie es reiten oder führen. Wenn sie das tun, werden sie nicht nur ihre Kontrolle erhöhen, sondern auch ihre Aufmerksamkeit in Bezug auf das Pferd, das reduziert ihre Reaktionszeit, sollte es erschrecken. Weiter, wenn es an sie denkt und weniger an seine Umgebung, verkleinern sie auch seine Möglichkeiten, nach Bedrohungen im Gebiet zu suchen und darauf zu reagieren. Betreten sie niemals einen engen Raum, wie einen Anhänger oder eine Box, im Versuch, ein wahnsinniges Pferd zu beruhigen. Nur wenn es sich beruhigt hat und sie sich nähern können, ohne sich selbst zu gefährden, sollten sie das tun. Verwenden sie schnell öffnende (oder Panik-) Verschlüsse, immer wenn sie ihr Pferd anbinden. Ihre Fähigkeit, es sofort von der Halterung zu lösen, (wenn sie das unter Beachtung ihrer eigenen Sicherheit tun können), wird helfen, seine Panik zu zerstreuen. Das verkleinert das Risiko der Verletzung eines von ihnen beiden.

Desensibilisieren sie ihr Pferd im Bezug auf die normalen Reize ihrer täglichen Umgebung und auf solche Umgebungen, in die sie reisen werden (wie Pferdeschauen). Sie werden ihrem Pferd helfen, seine Angst zu kontrollieren und das Risiko verkleinern, es, sie oder Zuschauer zu verletzen.


Unterschied 5
Das Verhalten bei der Nahrungsaufnahme

Die Welt ihres Pferdes: Es wird durch Nahrung motiviert, aber diese Motivation ist zweitrangig für die Sicherheit und die sozialen Beziehungen. Nahrung löst aggressives Verhalten aus und etabliert die soziale Hierarchie unter den Herdenmitgliedern. Wenn ein untergeordnetes Pferd sich dem Futter eines dominanten nähert, wird das Resultat eine Drohung oder ein aggressiver Akt durch das dominante Pferd sein. Das ist eine hierarchiebestimmte Auseinandersetzung, Futter ist nicht Teil dieses Konfliktes, es ist nur der Auslöser dafür.

Ihre Welt: Nahrung ist nicht nur notwendig für das Überleben, sie hat auch einen starke soziale und psychologische Bedeutung. Durch ausreichendes Essen fühlen wir uns gut, wir nutzen Nahrung auch als Bestechung, als Belohnung und bei unseren Feiern.

Möglichkeit eines Konfliktes: Erstens, wenn sie Leckerlies unter den Pferden einer Gruppe verteilen, werden sie aggressives, dominanz-bestimmtes Verhalten auslösen, das mit Verletzungen von ihnen oder den Pferden enden kann. (Merke: Dieses aggressive Verhalten wird oft falsch interpretiert als Neid, weil sie die Leckerlies nur einem Pferd und nicht allen geben. Aber Neid ist nicht der Punkt, das ist ein menschliches Gefühl. Die Verlockung guten Futters reizt untergeordnete Pferde und veranlaßt dominante weit eher zu bedrohlichen Aggressionen, um sich ihre Belohnung zu sichern.)

Zweitens, ihr Verlangen, ihrem Pferd durch Futter etwas Gutes zu tun, kann eine unbeabsichtigte Belohnung für unpassendes Verhalten sein und in der Verstärkung solch gefährlich schlechten Benehmens enden, wie Beißen. (Beispiel: Ihr Pferd stubst sie nach Leckerlies, sie geben ihm eines, belohnen damit dieses Benehmen und ermutigen es, sie wieder mit dem Kopf zu stoßen. Ihr Pferd weigert sich, in den Hänger zu steigen, sie geben ihm eine Hand voll Getreide, als Versuch, es hinein zu locken, aber alles was sie tun, ist, dieses hinderliche Verhalten zu belohnen... Ihr Pferd steigt auf, wenn der Schmied an ihm arbeitet, also bieten sie Hände voller Getreide an, um es ruhig zu halten, es steigt weiter auf, weil sie ihm Futter geben, wenn es das tut.)

Vermeidung des Konfliktes: Vermeiden sie es, in einer Gruppensituation Leckerlies zu verteilen. Wenn sie wünschen, einem besonderen Pferd ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden, halftern sie es und führen sie es aus der Umzäunung der Gruppe heraus, dahin, wo sie in der Lage sind, es sicher zu füttern. Vermeiden sie, ihr Pferd aus der Hand zu füttern und erlauben sie ihm niemals, in ihren Taschen nach Futter zu suchen. Stellen sie stattdessen die Leckerlies in seiner normalen Futterkrippe bereit, oder bieten sie ihm diese in einem Eimer an. Das hilft, Kneifen und Stupsen zu vermeiden. Denken sie vor dem Füttern daran, es zu vermeiden, unbeabsichtigt schlechtes Verhalten zu belohnen. Wenn ihr Pferd scheut, seine Ohren anlegt, sich weigert, stillzustehen, usw., wird Futter dieses Verhalten belohnen. Warten sie, bis es ein wünschenswertes Verhalten zeigt, wie einen Schritt vorwärts, aufgestellte Ohren oder auf einen stillen Moment, bevor sie die Möhren austeilen.

Literaturhinweise:

(Diese Literaturhinweise sind vom Übersetzer.)

1) Tom Ainslie / Bonnie Ledbetter :
"So verstehen Sie Ihr Pferd" (Körpersprache und Verhalten)
BLV Verlagsgesellschaft mbH
München Wien Zürich
ISBN: 3-405-14135-4
Titel der englischen Orginalausgabe:
The Body Language of Horses
© 1980 by Tom Ainslie und Bonnie Ledbetter
2) Birgit Budelmann / Jannie Kathmann :
"Die Körpersprache der Pferde"
Econ & List Taschenbuchverlag
München
ISBN: 3-612-20648-6
3) Michael Schäfer :
"Die Sprache des Pferdes"
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH
ISBN: 3-440-06704-1

Last modified: Fri Jan 28 09:15:42 MET 2000 , Bert Schöneich